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Was Sie über den Zuschuss zur Wohnungsanpassung wissen sollten

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen sind eine echte Hilfe, um trotz Pflegebedürftigkeit möglichst lange Zuhause bleiben zu können. Es gibt im Internet viele Mythen im Hinblick auf den Zuschuss der Pflegekasse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen. Da heißt es, man erhalte den Zuschuss nur einmal und dann nie wieder und andere Quellen behaupten, man erhalte den Zuschuss jährlich, ähnlich, wie die Verhinderungspflege. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach…
Der Zuschuss zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen wird immer bezogen auf eine notwendige Maßnahme gewährt. Das heißt, bei bestimmten Krankheitsbildern, die bspw. einen schnellen Verlauf haben, kann der Zuschuss auch mehrfach im Jahr gewährt werden. Es ist immer nur die Frage, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.
Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein
Wer mindestens in den Pflegegrad 1 eingestuft ist, hat Anspruch darauf, dass ihn seine Pflegeversicherung bei notwendigen wohnumfeldverbessernden Maßnahmen mit bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme finanziell unterstützt.
Grundsätzlich muss es sich bei der Verbesserung des Wohnumfelds um eine Maßnahme in oder an der Wohnung des Pflegebedürftigen handeln. Alternativ kann es auch eine Maßnahme in dem Haushalt sein, in dem die pflegebedürftige Person aufgenommen wurde und in dem sie dauerhaft gepflegt werden soll.
Zu den wohnumfeldverbessernden Maßnahmen, die als Anpassung der Wohnumgebung an die Bedürfnisse des pflegebedürftigen Menschen gelten, gehören nur Umbauten, die in einer anderen Wohnung nicht benötigt werden, bspw. die Beseitigung von Schwellen oder Fenstergriffe in rollstuhlgerechter Höhe.
Eine Wohnumfeldverbesserung liegt vor, wenn die Maßnahme mit wesentlichen Eingriffen in die Bausubstanz verbunden ist und der Gebäudesubstanz auf Dauer hinzugefügt wird, wie etwa eine Türverbreiterung, die Beseitigung von Schwellen, der Austausch einer Badewanne durch eine bodengleiche Dusche usw. Aber auch technische Hilfen im Haushalt wie der Ein- und Umbau von eingebautem Mobiliar, etwa durch motorisch betriebene Absenkung von Küchenhängeschränken oder die Fernbedienung zur Öffnung der Haustüre, gehören dazu.
Den Pflegekassen liegt als Orientierung für die leistungsrechtlichen Entscheidungen nach § 40 Absatz 4 SGB XI, ein beispielhafter Katalog möglicher wohnumfeldverbessernder Maßnahmen vor. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine abschließende Liste. Das heißt, eine Maßnahme kann nicht nur deshalb abgelehnt werden, weil sie nicht in diesem Katalog steht.
Der Zuschuss der Pflegekasse zur Wohnumfeldverbesserung ist eine Kann-Leistung
Im sozialen Leistungsrecht wird zwischen Muss-, Soll und Kann-Leistungen unterschieden.
- Die Muss-Leistung muss vom Leistungserbringer (hier also der Pflegekasse) unter allen Umständen gewährt werden. Die Leistung ist deshalb sicher einklagbar.
- Die Soll-Leistung muss im Regelfall gewährt werden, das heißt, in begründeten Ausnahmefällen sind Abweichungen möglich. Hier muss geprüft werden, ob eine Ablehnung nachvollziehbar begründet ist.
- Die Kann-Leistung kann nach so genanntem „pflichtgemäßem Ermessen“ gewährt werden. Dabei steht der Pflegekasse ein Beurteilungsspielraum zu. Hier kann man bei einer Ablehnung lediglich prüfen, ob bei der Ermessensentscheidung möglicherweise der pflichtgemäße Rahmen verletzt wurde. Das wäre der Fall, wenn der eine Versicherte einen Zuschuss zum Treppenlift erhält und der nächste Versicherte mit gleichen oder sehr ähnlichen Einschränkungen dieser Zuschuss verwehrt wird.
Da der Zuschuss zur Wohnumfeldverbesserung eine Kann-Leistung ist, kann die Pflegekasse finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, wenn dadurch im Einzelfall
- die häusliche Pflege ermöglicht wird,
- die häusliche Pflege erheblich erleichtert wird, also bspw. eine Überforderung des Pflegebedürftigen und / oder der Pflegeperson verhindert wird oder
- eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird, also wenn die Abhängigkeit von personeller Hilfe verringert wird.
Mehrere Pflegebedürftige können ihre Zuschüsse addieren
Die Zuschüsse dürfen einen Betrag von 4.000 Euro je Maßnahme pro Pflegebedürftigen nicht übersteigen. Wenn mehrere Pflegebedürftige in einer Wohnung zusammenleben, können die Zuschüsse für maximal vier Pflegebedürftige (16.000 Euro) in einer Maßnahme genutzt werden.
Überschreiten die tatsächlichen Kosten der Maßnahme den von den Pflegekassen gewährten Zuschuss, müssen die zusätzlichen Kosten von den Pflegebedürftigen selbst getragen werden.
Grundsätzlich besteht aber keine Pflicht, dass bei einer Maßnahme ein Eigenanteil geleistet werden muss. Das heißt kostet eine genehmigte Maßnahme 3.500 Euro, kann sie von der Pflegekasse komplett übernommen werden, ohne dass dem Pflegebedürftigen dadurch Kosten entstehen.
Mehrere Maßnahmen werden zusammengefasst
Sind bei der Antragstellung verschiedene Einzelmaßnahmen der Wohnumfeldverbesserung gleichzeitig erforderlich, werden diese gem. § 40 Absatz 2 SGB XI als eine Maßnahme gewertet. Wenn also ein Antrag auf Bezuschussung eines Treppenlifts gestellt wird und parallel die Schwellen in der Wohnung abgebaut werden sollen, handelt es sich zwar um unterschiedliche handwerkliche Gewerke, aber im Sinne des Pflegeversicherungsrechts um eine Einzelmaßnahme der Wohnungsanpassung.
Anders verhält es sich, wenn nach einiger Zeit aufgrund einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes eine weitere Maßnahme erforderlich ist. Denn im Falle, dass sich die Pflegesituation des Pflegebedürftigen nachweislich ändert, kann ein erneuter Zuschuss von bis zu. Euro zur Wohnumfeldverbesserung gewährt werden.
Stellen Sie den Antrag vor dem Umbau
Wer einen Zuschuss zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen beantragt, sollte dies vor Beginn der Maßnahme tun. Dazu sendet er einen formlosen Antrag mit einem Kostenvoranschlag an seine Pflegekasse.
Wenn möglich, sollte zum Antrag eine Empfehlung des Pflegedienstes oder der Beratungsstelle, die die Beratungsbesuche nach § 37 SGB XI durchführt, beigefügt werden, in der die Notwendigkeit der Wohnungsanpassung bestätigt wird. Ansonsten beauftragt die Pflegekasse den Medizinische Dienst mit der Beurteilung, ob die Maßnahme erforderlich ist.
Auch im Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit kann eine Empfehlung über notwendige bauliche Maßnahmen zur Anpassung des Wohnumfeldes ausgesprochen werden. Die Empfehlungen im Gutachten gelten dann gleichzeitig als Antrag auf Leistungsgewährung und werden i. d. R. sofort genehmigt.
Die Kasse muss zügig entscheiden
Die Pflegekasse muss den Antrag zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach dem Eingang des Antrags oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entscheiden. Wenn die Pflegekasse diese Fristen nicht einhalten kann, muss sie dies dem Versicherten begründet mitteilen. Versäumt die Kasse es, einen hinreichenden Grund mitzuteilen, gilt die wohnumfeldverbessernde Maßnahme nach Ablauf der Frist von drei beziehungsweise fünf Wochen als genehmigt.
Die Wohnumfeldverbesserung ersetzt keine Pflegehilfsmittel
Die Bewilligung von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen schließt den Anspruch auf Hilfsmittel nach § 33 SGB V beziehungsweise Pflegehilfsmitteln nach § 40 Absatz 1 SGB XI nicht aus. Wenn also trotz der Wohnungsanpassung ein Bedarf an Hilfsmitteln besteht, müssen diese von der Kasse zur Verfügung gestellt werden. Zum Beispiel kann die Pflegekasse als wohnumfeldverbessernde Maßnahme den Einbau einer bodengleichen Dusche bezuschussen und bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen einen Duschhocker als Pflegehilfsmittel zur Verfügung stellen.
Eine Wohnungsanpassung kann bspw. folgende Maßnahmen umfassen:
- die Reorganisation der Wohnung bzw. des Hauses bspw. ein Stockwerktausch.
- die Beseitigung von Barrieren wie Treppen und zu schmale Türen.
- kleinere Alltagserleichterungen wie niedrigere und besser erreichbare Fenstergriffe, Erhöhung von Sitzmöbeln und
- technische Hilfen, etwa die Fernbedienung eines Türöffners, elektrisch absenkbare Schränke.
Wenn der Antrag abgelehnt wird
Wird der Antrag auf Bezuschussung einer Wohnumfeldverbesserung von der Pflegekasse abgelehnt, so kann gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt werden. Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat. Der Widerspruch sollte in jedem Fall begründet werden. So stellen Sie sicher, dass sich die Kasse noch einmal mit dem Sachverhalt auseinandersetzen muss.